von Rolf-Peter Wille
Entrückt des Todes trüben Mythen entstrauchelte ein Greis der Gruft, liebwandelte im Frühling wieder. Verzückt nun streicheln Blicke Blüten, durchflattern milde Sonnenluft und streifen süchtig um den Flieder. Verwelkte Lippen summen Lieder und saugen süssen Wonneduft, der kitzelt die verrauten Nüstern. Im Winde rieselt sanftes Flüstern. Da lauscht nun der erstaunte Greis, und eine Stimme raunt so leis, so lieblich und so seltsam lüstern: "Die Greise, die Greise, sie sollen nicht sterben, Sie wollen den Zauber der Jugend erwerben Und baden im Bronnen Versunkener Wonnen." "Wir Nixen, wir Nymphen, wir werden Dich kosen Im duftenden Wasser der lieblichen Rosen. Spring, süsser Geselle In unsere Quelle!" "In unsere Quelle, in unsere Helle Spring schnelle, spring schnelle, Du süsser Geselle! Wir werden Dir geben Das ewige Leben." Fein lächelte das Greiselein verlockt von zarter Melodei. Wie reizend lacht die Loreley der Quelle! Ei, wo mag sie sein? Er schwebt und tanzet wie im Traum, der lustige Geselle. Und unter einem Lindenbaum da sprudelt es so helle. Es glitzert, funkelt, spritzt und sprüht im Wirbelspiel der Wogen. Schon hat der Greis in Lust erglüht die Kleider ausgezogen. Schon hüpft er nackig durch das Gras dem kühlen Quell entgegen. Hinein! Hinein ins klare Nass springt köpflings er verwegen. Ist er nun jung, der alte Wicht? Wie mag es sein? Das weiss man nicht. Er schrieb dies heitere Gedicht.